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Zwei Kanzeln in der Ascherslebener Stephanikirche

Wenn von gotischen Hallenkirchen die Rede ist, müssen Sie sich, liebe Hörerinnen und Hörer, das Innere der Kirchen zur Zeit ihres Entstehens im Mittelalter, so wie Sie heute kennen, ohne Kirchengestühl, Orgel oder Kanzel vorstellen.

Die Kirchen waren einst zumeist spartanisch eingerichtete Hallen, in denen oft sogar dann parallel auch noch von den Kaufleuten Markt gehalten wurde. Während des Gottesdienstes mussten die Besucher stehen. Wenn Sie eine frühgotische Hallenkirche in ihrer ganzen Schlichtheit einmal erleben wollen, sei Ihnen an dieser Stelle die Klosterkirche von Nienburg empfohlen.

Kanzeln in einer Kirche wurden erst später nach und nach eingebaut. In der Ascherslebener Stephanikirche gibt es aber nun gleich zwei Kanzeln. Die erste prunkvolle Kanzel wurde 1656 vom damaligen Bürgermeister Matthias Laue der Kirche gestiftet. Die zweite Kanzel dagegen ist noch gar nicht so alt. Sie wurde von Heinrich Lapp als ein bedeutendes Geschenk den Bürgern der Stadt hinterlassen. Das war zu Ostern 1903.

Die Kanzel steht am Chorbogen und wurde von dem Ascherslebener Künstler Hermann Koch geschaffen. Sie gilt als ein Meisterwerk der Holzschnitzkunst im neogotischen Stil. Besonders hervorzuheben sind die filigran gestalteten Persönlichkeiten der Reformationszeit.

Aber warum nun zwei Kanzeln in einer Kirche? Bei aller Stattlichkeit der Kirche, so groß ist sie nun auch wieder nicht und die Akustik ist ausgezeichnet. Liturgische Gründe gibt es dafür auch nicht!

Die Erklärung ist recht profan: Das hängt nämlich mit dem Einbau des Gestühls zusammen. Bis dahin stand man in der Kirche während der Predigt und drehte sich einfach zur Kanzel hin, wenn von dort gepredigt wurde. Das ging nach dem Einbau der Kirchenbänke aber nicht mehr. Also machte sich die zweite Kanzel erforderlich, um sich nicht den Hals zu verrenken, wenn der Pastor auf die Kanzel stieg. Manchmal können Dinge eben auch ganz einfach sein.