Auf einer Burg bei Siptenfelde lebte ein Graf, den die Bauern und Dorfbewohner wegen seiner Grausamkeiten und unerträglichen Geldforderungen verabscheuten und hassten. Eines Tages, um die Weihnachtszeit, wollte er die schöne Tochter des Schäfers auf seine Burg entführen. Er drang in das abseits vom Dorf gelegene Haus des Schäfers ein und herrschte diesen an: “Gib mir Deine Tochter zur Frau!“ „So wahr ich lebe, nie und nimmer bekommt Ihr meine Tochter,“ wehrte ihn der Vater ab, „sie ist mein einziges Kind!“ Zorneswütig schlug der Burgherr auf den alten Mann ein, bis dieser tot umfiel. Dem Mädchen schnürte vor Entsetzen die Kehle zusammen, ihre Augen funkelten vor Hass. Aus Angst selber getötet zu werden, willigte sie ein, nach der Beerdigung ihres Vaters auf die Burg zu kommen. Dann brach sie schluchzend neben dem Leichnam ihres Vaters zusammen. Einige Tage später stand sie vor ihrem Peiniger; ihr beherztes Auftreten machte ihm Furcht und schließlich sagte er; „Bringe mir morgen einen Strauß frischer Blumen, dann werden Du und das Dorf frei sein, wenn nicht, töte ich Dich und lasse das Dorf niederbrennen!“ In ihrer Verzweiflung lief sie zum Friedhof, warf sich auf ihres Vaters Grab und weinte bitterlich. Als sie am Morgen aus ihrer Erschöpfung erwachte, hatten ihre Tränen die Erde ringsum aufgetaut, und es wuchsen weiße Rosen auf dem Grab. Sie pflückte die Blumen und eilte durch das Dorf zur Burg hinauf, viele Dorfleute folgten ihr. Sie traten vor den Grafen, der sein Versprechen einlösen musste. Dennoch quälte er von Zeit zu Zeit seine Untertanen, das Mädchen rührte er jedoch nicht mehr an. Auf dem Grab ihres Vaters blühen Jahr für Jahr die Weihnachtsrosen, und manche Menschen stellen sie am Weihnachtsabend auf den Tisch, um Böses abzuwehren.