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Die Sage von der Schlossjungfer und dem Schäfer

Auf der Wiese am Fuße des Kohlbergs bei Güntersberge hütete ein junger Hirt seine Schafe. Da kam ein weiß gekleidetes Mädchen ins Tal und pflückte Blumen. Es näherte sich ihm, blickte ihn freundlich an und ließ eine schöne Blume vor ihm niederfallen. Der Hirt hob die Blume auf und steckte sie dankend an seinen Hut. Daraufhin wandte sich das Mädchen der Burgstätte zu und winkte dem Schäfer ihr zu folgen. Sie schritten durch einen unterirdischen Gang vor eine Pforte, die von selbst aufsprang. Der Schäfer stand plötzlich vor einem hell erleuchteten Gewölbe, die Schlossjungfer schien verschwunden. Er trat hinein: In der Mitte erblickte er eine goldene Säule mit eingesetzten Diamanten, die vom Boden bis zur Decke reichte. Die Seitenwände waren von Spiegelgläsern eingefasst, auf deren goldenen Rahmen Diamanten funkelten. Die Deckenwölbung schmückten mit Perlen besetzte Goldplatten. Auf dem Marmorfußboden glänzten Goldstücke, Edelsteine und Perlen, die er noch nie gesehen hatte. „Nimm, was Dein Herz begehrt“, hörte er plötzlich die Stimme der Schlossjungfer, „aber vergiss das Beste nicht,“ Nun füllte der Schäfer seine Taschen voll Gold und schleppte in seiner Gier so viele Reichtümer heraus wie er tragen konnte. Dabei verlor er die schöne Blume. Er eilte zu seiner Schafherde und leerte hastig seine Taschen. Aber statt des Schatzes schüttete er nur wertloses Gestein aus. Vergeblich suchte er die Blume und den Eingang zur Schatzkammer. Beide waren für immer verschwunden.