Nur noch die ältesten Staßfurter und Leopoldshaller wissen, dass 1928 bei der Sommerolympiade in Amsterdam auch eine Olympiasiegerin aus Staßfurt dabei war. Hilde Schrader, Tochter des Formermeisters Wilhelm Schrader gewann im Schwimmen die Olympiamedaillie in Gold. Der Erfolg der jungen Staßfurterin wurde von den Zuschauern mit brausendem Beifall begrüßt. Zum 8. Mal stieg die deutsche Fahne am Siegesmast der Olympiade empor.
Frau Dorothea Strewe war die Ehefrau des Pfarrers an der Stadtkirche. Sie war eine sehr bescheidene und eine sehr kluge Frau. In Bonn studierte sie Naturwissenschaft. In ihrer Egelner Zeit war sie bis 1945 als Pfarrfrau in der Gemeindearbeit tätig. An der hiesigen Oberschule arbeitete sie ab 1946 als Biologielehrerin. Seit Kriegsende bemühte sie sich ehrenamtlich mit großem Fleiß um das städtische Vorgeschichtsmuseum. Dieses war 1935 von dem Apotheker, Herrn Dr. Fromme, der Stadt geschenkt worden. Es war im Egelner Rathaus untergebracht. In der Besatzungszeit wurde dort die Sammlung von amerikanischen Soldaten bestohlen. Dadurch gingen einige sehr wertvolle Stücke verloren. Darauf hin hatte sie die Sammlung in der Oberschule untergebracht. Da war die Sammlung vor weiteren Übergriffen geschützt. Als das Grundstück des ehemaligen Lebensmittelgroßhändlers Schladitz von der neu entstandenen HO-Verwaltung nicht mehr benötigt wurde, hat sie das Museum dort neu eingerichtet. So konnte das interessante Vorgeschichtsmuseum in einem Lagerhaus in der Zepterstraße (heute: Moritz-Wiener-Straße) der Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Das Egelner Museum war für Kenner eine sehr wertvolle Einrichtung. Es unterstand dem Landesmuseum Halle. Zur Hospitation hielten sich mehrfach Studenten bei Frau Strewe auf. Die Bestände des Egelner Museums sollten nach Halle überführt werden. Jedoch Frau Strewe konnte dies mit Hilfe guter Freunde verhindern. Nach ihrer Pensionierung vom Schuldienst war sie neben ihrer Museumstätigkeit auch vielseitig für die Wohlfahrt tätig. Sonntags fuhr sie nach Magdeburg in verschiedene Krankenhäuser. Dort leistete sie einsamen und hilflosen Menschen seelische und materielle Hilfe.
Das Staßfurter Kinder- und Jugendheim in der Sülzestraße trägt ihren Namen. Wer war eigentlich diese Frau? Das erste Foto stammt aus der Waisenhausstiftung von Frau Westendorf. Weitere Hinweise kamen von Schwester Waltraud Westphal aus Schneidlingen. Sie kannte Liesbeth Heymann von ihrer eigenen Tätigkeit her. Beide waren als Krankenschwestern Leiterinnen von Behindertenheimen. Zu diesem Beruf gehört viel Aufopferung und Liebe. Anfang der fünfziger Jahre war Liesbeth Heymann die Leiterin des Staßfurter Waisenhauses in der Schlachthofstraße. Später wurde aus dem Waisenhaus ein Heim für behinderte Kinder. Trotz Geldmangels konnte Schwester Liesbeth für diese Kinder ein Nest schaffen, indem sie sich wohl fühlten. Waltraud Ebert, eine jetzige Mitarbeiterin der Stiftung Waisenhaus erzählte, mit wie viel Begeisterung sie diese Aufgabe erfüllte. Mit sechs Jahren wurde Waltraud 1957 der Obhut von Schwester Liesbeth anvertraut. Sechs Jahre verlebte sie in diesem Heim. Gern und voller Dankbarkeit erinnert sie sich an ihre dortige Kinderzeit zurück. Nach ihren Erzählungen war Schwester Liesbeth für sie und alle anderen Kinder eine echte Mutter, zwar streng aber mit gutem und gerechtem Herzen. Jederzeit konnten die Kinder ihr ihren kleinen Kummer anvertrauen und bei ihr Trost finden
Immer stand sie auf der Seite der Schwachen und Hilfsbedürftigen. Mit ihrem Klavier- und Flötenspiel ermunterte sie die Kinder zum Musizieren und Singen. Dabei verstand sie es, viel Freude in das Leben der Kinder zu bringen. Nur wenig Geld stand ihr zur Verfügung. Es musste überall gespart werden. Trotz allem wurde für ein abwechslungsreiches Leben der Kinder gesorgt. Unvergessen blieb für Waltraud jedes Jahr das gemeinsame Plätzchenbacken in der Adventszeit. Auch das basteln von Strohsternen in der Weihnachtszeit blieb in guter Erinnerung. Gern wurden auch mit Schwester Liesbeth Pflanzen und Blüten zum Trocknen gesammelt. Mit diesen Sachen lernten die Kinder hübsche Karten zu gestalten. Nahrungsmittel waren in den fünfziger und auch in den sechziger Jahren knapp. Deshalb waren die Menschen fast überall auf Selbsterzeugung von Gemüse, Obst und Fleisch angewiesen. Waltraud Ebert erinnert sich , dass zum Heim auch mehrere Kühe, Pferde, Schweine, Hühner und Enten gehörten. Selbst Katzen und ein Hund fehlten zur Freude der Kinder nicht. Ackerland und ein großer Garten gehörten ebenfalls zum Heim. Auch über die Organisation der Landwirtschaft hatte Schwester Liesbeth die Oberaufsicht.
Es erforderte viel Organisationstalent und Nervenkraft, um all diese Aufgaben zu meistern. Aber Schwester Liesbeth packte es. Wenn Not am Man war, half sie selbst im Garten oder beim Pflegen der Tiere mit. Gern halfen auch die Kinder beim Füttern der Enten und der Hühner. So wurden die Kinder schon frühzeitig an den Umgang mit Tieren gewöhnt und lernten gleichzeitig auch Verantwortung zu übernehmen. Vielen war diese Arbeit nicht Last sondern Lust. Von Anfang an lernten es die Kinder, die Behinderung ihrer Gefährten anzunehmen und jegliche Berührungsängste zu verdrängen. Ein liebevoller Umgang und christliche Nächstenliebe wurden anerzogen. Es ist schon erstaunenswert, wenn man hört, dass die behinderten Kinder liebevoll von ihren Gefährten gefüttert worden. Kinder, die nicht selbst richtig gehen konnten, wurden von anderen gestützt und getragen. Schwester Liesbeth verstand es, die Kleine Welt, in der die Kinder lebten, zu einer gemeinsamen Familie zu gestalten. Bescheiden, aber mit großer Einsatzbereitschaft widmete sie sich bis zu ihrem Rentenalter den behinderten Kindern. 1980 war es dann so weit. Ungern trennte sie sich von den Kindern. Sie konnte auf viele Jahre des unermüdlichen Schaffens zurück blicken. Sicher ist es eine Ehre für das neue Heilpädagogische Kinder- und Jugendheim „Liesbeth Heymann“, ihren Namen zu tragen.