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Die reformierte Gemeinde

Das bürgerlich geprägte Eckhaus unmittelbar an der Ascherslebener Rathauspassage fällt durch den besonders schmucken, ehemals von der Stadt gestifteten Erker auf. Vor allem lassen die Inschrift „Eine feste Burg ist unser Gott“ und eine kleine Tafel am Eingang mit kirchlichen Nachrichten den uneingeweihten Betrachter vermuten, dass es sich um ein kirchliches Haus handelt. Es ist das Pfarrhaus der reformierten Gemeinde, die ein ganz besonderes Jubiläum im Jahr 1999 beging. Es war die alte reformierte Mönchskirche in Aschersleben auf dem Markt, die am 16. April desselben Jahres ihren 300. Geburtstag feierte. Denn genau an diesem Tag im Jahre 1699 bekamen sie ihre eigene Kirche. Noch im selben Jahr zog gegenüber der Kirche der erste reformierte Prediger, Nikolaus Ihring, in das Pfarrhaus ein. Er wirkte in der Kirche bis 1738. Nach seinem Tod wurde er in der Kirche vorm Tische des Herrn begraben. Dieses Gebäude ist bis zur heutigen Zeit Mittelpunkt und Heimstätte der Gemeinde und ihrer Prediger. Es ist eines der ältesten Gebäude Ascherslebens und musste Anfang unseres Jahrhunderts durch einen Neubau ersetzt werden. Er prägt noch heute im Zentrum das Gesicht Ascherslebens.

Aus finanziellen Gründen wurde die Kirche im Jahre 1974 abgegeben. Die Gemeinde konnte die fälligen Reparaturkosten nicht tragen und es wurde eine katholische Kirche. Die Treffen und Gottesdienste finden im geräumigen Pfarrhaus statt. Dieses diente auch immer für den jeweiligen Pfarrer und seiner Familie als Wohnstätte. Keiner der zwölf amtierenden Pfarrer der reformierten Kirche wechselte die Gemeinde. Sie blieben all die Jahre und Jahrzehnte hindurch nicht nur Seelsorger, sondern auch Ansprechpartner in allen Lebenslagen, für ihre Gemeindemitglieder. Die Pfarrer und das Pfarrhaus der reformierten Kirche spielten schon öfter in der Geschichte Ascherslebens eine entscheidende Rolle. Im Dreißigjährigen Krieg betreuten sie die Mitglieder der sich neu reformierten Kirchen, die aus Konfessionsgründen aus ihrer angestammten Heimat geflohen waren. So gewann die Gemeindearbeit an entscheidenden Einfluss. Dank dieser stieg auch die Zahl der Mitglieder in der reformierten Gemeinde stetig an. So erreichten 6000 Seelen um die Jahrhundertwende bis in die dreißiger Jahre hinein den höchsten Stand. Dies bedeutete für den Pfarrer eine große Verantwortung, in kirchlicher Hinsicht für die Gemeinde, aber auch als Bürger seiner Stadt.

Im kirchlichen Archivmaterial kann man nachlesen, welchen entscheidenden Einfluss die Pfarrer für das städtische Geschehen, auch in den vergangenen Jahrhunderten, nahmen. In Kriegszeiten setzten sich der Pfarrer und die Gemeindemitglieder in häufig gefährlichen Aktionen gegen fremde Eindringlinge zur Wehr und unterstützten das eigene Heer mit persönlicher Aufopferung. So bewahrte beispielsweise Pfarrer Bornemann im Jahre 1759 im Siebenjährigen Krieg die Stadt Aschersleben vor der völligen Zerstörung durch das österreichische Heer. Er stellte Geld und kostbares Abendmahlgeschirr als Kriegskontribution bereit. Später konnte das Abendmahlgeschirr wieder eingelöst werden. So auch der Pfarrer Wilhelm Douglas, der im November 1806 ein kühnes Stück wagte. Er verhalf preußischen Gefangenen zur Flucht, an französischen Soldaten vorbei, und entließ sie mit Hilfe von Gemeindemitgliedern in die Freiheit. Einige Jahre später fand man bei Grabungen eines Brunnens auf der Staßfurter Höhe rote Erde. Diese war ein Hinweis auf Braunkohle. Im Pfarrhaus wurde dann die wichtige Anregung gegeben Kohlengruben zu erschließen. die Entscheidung sollte für die Region Bedeutung haben.