Auszug aus der Mitteldeutschen Zeitung, April 1995 Ein damals Achtjähriger Ascherslebener Junge berichtet über die Bombenangriffe und Besetzung der Amis in der Stadt Aschersleben. An die Bombenangriffe auf die Junkerswerke und die Johannisvorstadt erinnere ich mich noch sehr gut. Wir saßen im Keller und die Tür klappte durch den Luftdruck beim Einschlag der Bomben. Mein Opa war zur Arbeit bei Junkers, er kam nicht nach Hause. Am nächsten Tag kam eine Nachricht von Kollegen: Er lebt! Er musste mit aufräumen und Verschüttete bergen. Als der Alarm losging, hatte er sich in einen Graben gelegt, bis zu seinem Bunker hätte er es nicht geschafft. Seine Kollegen waren getötet worden. Im April 1945 brachten wir aus Angst die letzten Tage und Nächte im Keller zu. Die feuchte und muffige Luft habe ich noch in der Nase. Am 17, April 1945 haben wir uns vorsichtig ans Tageslicht gewagt und auf die Straße geguckt. Durch die Gasse sahen wir dann einen Jeep mit den Amis auf der Vorderbreite vorbeifahren. Hinten saß ein Farbiger, der uns zuwinkte. Im „Braunen Hirsch“ waren auch Amis einquartiert. Morgens sind wir Kinder dann zum Holzmarkt und haben durch die offenen Fenster den Frühstückstisch bestaunt. Auf jedem Platz lag eine Apfelsine. Die haben wir bekommen, außerdem noch Schokolade und Kaugummi. Ich war noch nicht ganz acht Jahre alt, die Schule war ein halbes Jahr ausgefallen, weil in der Luisenschule ein Lazarett untergebracht war. Abends war Ausgangssperre, und die Uhren waren vorgestellt. Um 23 Uhr war es noch hell und wir mussten ins Bett.
Mit dem Handwagen wollten wir vom Güterbahnhof Kohlen holen. Da kamen uns viele Leute mit allerhand Sachen, wie Betten usw., entgegen. In dem Lager waren Kisten mit Sachen von Aussiedlern gelagert. Das sollte gesperrt werden. Ich bin auch zwischen den aufgebrochenen Holzkisten rum gelaufen und habe mir Schulhefte aus schönem weißem Papier ausgesucht. Das Konsum-Lager in der Weststraße wurde auch geräumt. Dort waren Wurst- und Fleischdosen der Wehrmacht und Fliegerschokolade in runden Dosen gelagert. Davon durften wir nur ganz wenig kosten, unverständlich für uns Kinder. Eines Abends, wir Kinder lagen schon im Bett, machten die Amis Wohnungskontrollen, sie wollten Armbanduhren, Radios und Fotoapparate. Meine Mutti gab den Fotoapparat hin, Filme gab es nicht. Das Radio und andere Wertsachen hatten wir im Garten vergraben. Der Aufenthalt der Engländer war nur kurz. Am 2. Juli kamen dann die Russen. Da ging die Angst von neuem los. Als Achtjähriger vergisst man ja vieles. Das wichtigste war, dass der Krieg zu Ende war. Nachts brauchten wir nicht bei Fliegeralarm in den Keller und brauchten auch keine Verdunkelung.