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Die erste 1. Maifeier in Aschersleben

Durch das Anwachsen der Sozialdemokraten in Aschersieben kam es soweit, dass auch hier zum ersten Mal der 1. Mai im Jahr 1890 gefeiert wurde. Das erste, was wir darüber hörten, war eine mehrmalige Bekanntmachung der Polizei, dass eine Einstellung der Arbeit ohne Innehaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist strafbar ist. Am Abend des 1. Mai wurde eine Versammlung abgehalten, in welcher der sozialdemokratische Reichstagsabgeordneter des hiesigen Wahlkreises, A. Heine von Halberstadt, als Referent auftrat. Später stand im Polizeibericht, dass diese Versammlung von 200 Personen besucht wurde und durchaus ruhig verlief. Die herrschenden Kreise sahen sich noch im gleichen Jahr gezwungen, das Sozialistengesetz am 1. Oktober aufzugeben. Es war aber auf keinen Fall so, dass mit dem Fall des Sozialistengesetzes die deutschen Sozialisten nun völlig freie Bestätigungsmöglichkeiten erhalten hätten. Von der Regierung wurde nur die Taktik geändert. Jetzt erfolgte die Verfolgung und Unterdrückung nicht mehr durch die Ausnahmegesetze, sondern auf normalem Wege durch die kaiserliche Polizei und Justiz. Trotz alledem wuchs die Parteiangehörigkeit in großer Schnelligkeit weiter. Die Geschichte der Arbeiterbewegung unserer Stadt ist ein getreues Spiegelbild der Geschichte der Arbeiterbewegung in Deutschland. Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes traten in der Partei mehr und mehr prinzipienlose Bestrebungen zutage. Auch dieses spiegelte sich hier wieder. Der Vertreter der revolutionären Richtung, ein Schuhmacher, wird dadurch veranlasst, Aschersleben zu verlassen. Ein anderer wird im Jahr 1894 ausgeschlossen, weil er mit dem damaligen Führer der Ascherslebener Sozialdemokratie nicht einverstanden war. So stand es im Polizeiprotokoll. Anstelle der bisherigen Sonntagszeitung aus Halberstadt sollte ein gehorsameres ins Leben gerufen werden. So behauptete der damalige Reichstagsabgeordnete Keßler die Sozialdemokraten nicht umstürzen zu wollen. Auch sonst ist keine Veränderung sichtbar. Da brauchte man sich nicht zu wundern, dass in allen Polizeiberichten ständig der Satz wiederkehrte, dass sich die Sozialdemokraten nicht besonders hervorgetan haben, oder die Partei ist als gutartig und harmlos anzusehen. Die bedeutendsten Vertreter, die hier vor überfüllten Sälen sprachen, waren August Bebel am 24. Februar 1900 und Rosa Luxemburg am 18 Januar 1907.