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Die Geschichte von Aschersleben

Die Reste der Ascherslebener Stadtbefestigung stammen im wesentlichen aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Natürlich gab es schon vorher Befestigungen. Bei der Bedeutung Ascherslebens als Hauptort des Schwabengaus kann man dies sicher voraussetzen. Wahrscheinlich bestanden die ersten Umwallungen aus Erdwerken, die mit Palisaden befestigt waren. Wie viele alte Städte ist auch Aschersleben aus mehreren Siedlungsteilen zusammengewachsen. Einige unterstanden den Bischöfen von Halberstadt, andere den askanischen Grafen. Die Bischöfe legten um ihre Archidiakonatskirche, die Stephanikirche, um 1100 den ersten Markt an und bauten um diesen Kern die bischöfliche Stadt. Diese, die etwa zwischen Kurzer Straße im Westen und Engelgasse im Osten vermutet werden muss, wurde wahrscheinlich schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts ummauert. Eine bischöfliche Urkunde von 1210 spricht von einer „Kapelle über dem Tore, das nach Osten führt“. Im Westen finden wir heute noch die alte Bezeichnung „Unterm düstern Thore“. Aschersleben, mit Ausnahme der so genannten Neustadt, erhielt 1266 das Halberstädter Stadtrecht.

Hinter dem Turm

Eine charakteristische Eigentümlichkeit der ausgebildeten mittelalterlichen Stadt ist die Befestigung mit Wall und Mauern, mit Türmen und Toren. Ein wichtiges Ziel der Bürgerschaft war es, die Wehrhoheit in der Stadt aus der Hand des Stadtherrn an sich zu ziehen. Mauerbau und Stadtverteidigung gehörten zu den wichtigsten Pflichten, die alle Stadtbürger gleichmäßig angingen. Das wurde 1322 in Aschersleben erreicht. Im Januar dieses Jahres erteilte die Gräfin Elisabeth, Witwe Ottos II., des letzten Grafen von Aschersleben, ihren Bürgern die Erlaubnis, die Stadt mit einer festen Mauer zu umgeben. Diese Urkunde befindet sich im Stadtarchiv zu Aschersleben. Vielleicht ist der heutige gegenüber dem Rathausneubau von 1517 deutlich ältere Rathausturmstumpf im Zusammenhang mit dieser Befestigung zu sehen. Irgendwann vor 1378 in der Abwesenheit des Bischofs, der inzwischen die Hoheit über beide Stadtteile wahrnahm, hatten die selbstbewussten Bürger der Stadt auch einfach ein Tor eingerissen, es zugemauert, die Reichsstraße verlegt und einen „Widermutsturm“ gegen das bischöfliche Schloss samt Brücke errichtet und damit den ungehinderten Stadtzugang erschwert.

Das besagt eine Klageschrift des Bischofs Albrecht III. von Halberstadt gegen verschiedene Ascherslebener Bürger, die sich im 19. Jahrhundert im Stadtarchiv von Braunschweig zufällig als Umschlag von alten Ratsrechnungen wieder fand. In den gefahrvollen Zeiten war kriegerische Rüstung notwendig. Besonders das 14. Jahrhundert war von fortwährenden kriegerischen Unruhen erfüllt, und unter diesen Umständen wurde große Sorgfalt auf die Befestigung der Stadt verwendet. So entstand im wesentlichen im 15. Jahrhundert unter Einbeziehung beider städtischen Siedlungen und der zwei dörflichen Siedlungen "Über den Steinen“ und „Über dem Wasser“ der heutige Ring unserer Stadtmauer mit ihren Türmen und Toren. Kernstück der Ascherslebener Befestigungsanlage war die innere Stadtmauer, die in Teilen noch heute erkennbar ist. Ihre Höhe beträgt 8 m über der Erde, die Stärke etwa 1 m. Die Brüstung ruht auf Konsolen getragenen Rundbögen. In regelmäßigen Abständen, etwa 2,40 m, ist die Brüstungswand von Schießscharten durchbrochen, von denen es drei Arten gibt:

Krukmannsches Haus in der Kurzenstraße

Maulscharten mit quer liegendem Schlitz am unteren Ende für Armbrüste, Loch- und Kugelscharten mit einer kreisförmigen Öffnung für Kugelbüchsen und die so genannten Hosenscharten, die zwei winklig aufeinander zulaufende Scharten in einem auf der Feldseite verlaufenden Schlitz vereinen und so ein Kreuzfeuer erlauben. Auf der Stadtseite zog sich der Wehrgang am oberen Ende der Mauer entlang, der etwa 2-3 m breit war. Er ruhte auf einem steinernen Unterbau aus Spitzbögen, wie z. B. an der Malzmühle noch erkennbar ist, oder auf hölzernen Stützen. Nach außen hin legte sich vor die Hauptmauer eine zweite Mauer von etwas geringer Höhe. Sie ist nirgends in ihrer ursprünglichen Höhe erhalten, doch ist anzunehmen, dass auch sie Schießscharten hatte. Der Raum zwischen beiden Mauern hieß Zwinger und war im Allgemeinen 3,5 bis 6 m breit. Zwei besondere Zwingeranlagen weichen von jener Form ab. Einmal ist es die vom Eckhaus Über den Steinen Nr. 15, die wahrscheinlich die beiden Haupttore, nämlich das Hohe Tor und das Steintor, der Westseite besonders sichern sollte.

Die andere ist der Elisabethzwinger, der die Stadt „Über dem Wasser“ mit der übrigen Stadt eng verbinden sollte. Von den beiden besonderen Zwingern Ascherslebens lag der 22 m breite und etwa 6 m tiefe Stadtgraben, der beiderseits von entsprechend hohen Futtermauern eingeschlossen war. Zahlreiche Türme und Schalen erhöhten noch die Schutzkraft der Mauer. Schalen sind nach hinten offene Befestigungswerke. Der Zugang der Stadt geschah durch 5 Tore: dem Johannistor, dem Hohen Tor, dem Steintor, dem Wassertor und dem Liebenwahnschen Tor. Daneben bestanden noch drei kleine Tore, die den Fußgängern bestimmt waren. Das waren das Dammtor, Schuhstiegtor und das Sautor. Nach den Stadttoren war die Stadt in fünf „Viertel“ eingeteilt. Jedes der fünf Viertel war so gelegt, dass es direkten Zugang zum Stephanikirchhof als Marktplatz hatte. Jedem dieser Viertel waren die Viertelmeister vorgesetzt, deren Aufgabe es unter anderem war, die Aufsicht über die Wache am Tore zu führen. Ein so gewaltiges Befestigungswerk konnte natürlich nur im Laufe mehrerer Jahrzehnte und unter Anspannung aller Kräfte errichtet werden.

Taubenstraße

Und dabei gab es keinen Stillstand, denn die ständig wechselnden Erfahrungen, die veränderten Verhältnissen entsprachen, mussten immer wieder zu Änderungen und Verbesserungen führen. Noch im 16. Jahr-hundert war die Stadtbefestigung durch umfangreiche Erweiterungsbauten, besonders an den wichtigsten Stadttoren, vervollständigt worden, aber durch die schnelle Weiterentwicklung der Waffentechnik und durch die politischen Veränderungen im Zuge der territorialen Umgestaltung verlor sie mehr und mehr an strategischem Wert. Sie hatte kaum noch Bedeutung für den Schutz der Stadt. Schon früher waren die Fischereirechte für den Stadtgraben verpachtet worden. Am Anfang des 18. Jahrhunderts lag er trocken und verwilderte mehr und mehr. Teile davon wurden an Bürger verkauft und zur Nutzung gegen Entgelt freigegeben. Im Apothekergraben wurden in geschützter Lage Heilkräuter angebaut, die Tuchmacher bekamen den Zwinger am Rondell und später auch den Apothekergraben zum Aufstellen der „Rähme“ für die Trocknung ihrer Tuche.

Die Stadtmauer wurde an manchen Stellen bei der Errichtung von Gebäuden mit benutzt, wie die Malzmühle, das Pharmaziedepot an der Luisenpromenade und der Mauerteil gegenüber dem Bestehornhaus. Die Türme dienten zum Teil als Gefängnis oder armen Leuten zur Wohnung. Das Rondell, das zeitweise der Tuchmacherinnung gehörte, erhielt um die Mitte des 19. Jahrhunderts den Backsteinaufbau im Oberteil. Er wurde noch nach 1945 bewohnt, und ein letzter Wohnraum in einem Stadtturm befindet sich noch heute im Liebenwahnschen Torturm, von welchem das Fenster in Richtung der Breiten Straße zeigt. Im Laufe der Zeit verfielen Teile der Stadtmauer. Die Stadttore wurden bis auf das Johannistor abgebrochen. Der Stadtgraben verwilderte mehr und mehr. Es kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, dass um die Mitte des 19. Jahrhunderts tüchtiger Bürgersinn dafür sorgte, dass der Graben nach und nach zugeschüttet wurde und der Promenadenring entstand, der uns heute noch eine Vorstellung von Verlauf und Stärke der Stadtbefestigung vermittelt.